Was bei der Zirkularatmung passiert ...

Was ist das - Zirkularatmung?
Wie geht's?
Übungen
Tips und Tricks
Was sonst noch geht
Bodybuilding
Die 25 Arten der Zirkularatmung


Was ist das - Zirkularatmung?

Ich persönlich finde den Begriff "Zirkularatmung" nicht gar so glücklich, IMO lockt er den Unwissenden auf eine falsche Fährte. Ist ja vielleicht auch so gewollt ... ;-) "Konstanter Ton" oder etwas ähnliches trifft es besser. Aber wie auch immer - Zirkularatmung (ZA), oder englisch "circular breathing" (cb), hat sich nun einmal durchgesetzt.

Nirgendwo steht geschrieben, dass man ein Didgeridoo zirkular spielen muss; es geht auch ohne. Aber nur die Zirkulartechnik ergibt nun einmal den "unendlichen Ton", der das Didgeridoospiel für Zuhörer und Spieler so interessant macht. Ich will hier mal versuchen zu beschreiben, wie man das hinbekommt.

Wie geht's?

Das Ziel ist klar - einen ununterbrochenen Ton auf einem Blasinstrument zu erzeugen (wer behauptet, dass man Zirkularatmung nur beim Didge anwenden kann?). Dies scheint den anatomischen Gegebenheiten konträr zu sein - wer kann schon gleichzeitig aus- und einatmen? Oder: einatmen und dabei einem Blasinstrument einen Ton entlocken? Bei einer Mundharmonika geht das - aber bei einer Flöte / Klarinette / Saxophon / Didgeridoo / Trompete / Posaune / etc. ...? Unmöglich? Nicht ganz, man muss sich nur von der Vorstellung trennen, dass die Erzeugung eines Tones einzig und allein durch Ausatmen bewerkstelligt werden kann. Sicher, man muss Luft durch das Instrument hindurchpusten, aber wir werden mal versuchen, ob wir das nicht auch anders hinbekommen. Wie bekommen wir Luft aus unserem Mund herausgeblasen?

  1. Indem wir die Lungen zusammenpressen (Lungenatmung)
  2. Indem wir das Zwerchfell einsetzen (Bauch- oder Zwerchfellatmung)
  3. Indem wir, ganz generell gesagt, uns ein Luftreservoir schaffen, also z.B. die Wangen aufblasen und durch Anspannen der Wangenmuskulatur die Luft wieder hinausblasen.

Wenn wir uns diese drei Methoden genauer ansehen, kommen wir schnell zu dem Schluss, dass die ersten beiden uns unserem Ziel - der Zirkularatmung - nicht näherbringen, da wir wirklich nicht gleichzeitig aus- und einatmen können. Aber die Nr. 3 - das könnte klappen, denn das hat ja zunächst mit Atmung nichts zu tun.

Übungen

Wir probieren es: wir blasen die Wangen auf und drücken die Luft nach draussen, indem wir die Wangen zusammendrücken. Und dabei atmen wir ruhig weiter. Ha, klappt! Das gleiche können wir noch mal mit einem Mund voll Wasser probieren - am besten aber nicht im Wohnzimmer ... ;-) . Hierzu modifizieren wir aber die Versuchsanordnung ein wenig: Während wir das Wasser herausspritzen, atmen wir lange ein, und wenn wir mit dem Einatmen fertig sind, spritzen wir den Rest Wasser mit einem Schwall heraus, indem wir, durch Zusammenziehen des Zwerchfells, die eingeatmete Luft durch den Mund wieder ausstossen. Während des Einatmens legen wir die Zunge fest an den Gaumen an, wie wenn wir den Laut "ng" formen wollten (natürlich ohne die Stimmbänder in Aktion zu zu setzen), und während wir ausatmen, liegt die Zunge ruhig unten im Mund, so als wenn wir ein "aa" formen wollten. Das Grundprinzip ist, einen Luftvorrat anzulegen, mit dem wir den Augenblick des Luftholens überbrücken können. Der nächste Versuch: Wir nehmen uns ein Glas Wasser und einen Strohhalm, blasen die Luft durch den Trinkhalm ins Wasser und versuchen, ein konstantes Blubbern zu erzeugen. Also: Wir holen Luft und blasen sie aus der Lunge durch den Trinkhalm ("aaaa"). Bevor uns nun die Luft ausgeht, blasen wir, während wir weiter einen Luftstrom durch den Halm fliessen lassen, die Wangen auf. Jetzt dichten wir mit der Zunge die Mundhöhle gegen den Kehlkopf ab ("ng") und atmen kurz und kräftig ein, wobei wir den Luftstrom durch den Strohhalm durch zusammendrücken der Backen aufrecht erhalten. Anschliessend öffnen wir die Mundhöhle wieder ("aaaa"), und atmen durch die Lunge aus. Dieses Spiel wiederholen wir ...
Besonderer Tip hierzu: Da ein Strohhalm relativ wenig Gegendruck aufbaut, ist es eine gute Idee, das obere Ende mit den Lippen etwas platt zu drücken.

Wenn wir das nun können, also ein konstantes Blubbern im Glas erzeugt haben, können wir das auch mit dem Didge üben. Also: Einatmen, Grundton blasen ("aaaa"), rechtzeitig dran denken, die Wangen aufzupusten (den Luftvorrat anzulegen), die Wangen zusammendrücken, die Zunge an den Gaumen pressen ("ng"), und durch die Nase einatmen. Nun die Zunge nach unten, und normal (d.h. Ausatmen durch die Lunge) weiterspielen ("aaaa"). In der Regel wird dieser Vorgang bei einem Didgeridoo-Anfänger darauf hinauslaufen, dass das Herauspressen der Luft während des Einatmens durch eine Kombination aus Wangen- und Zungendruck geschieht, d.h., es werden nicht nur die Wangen zusammengepresst, sondern gleichzeitig drückt auch die Zunge auf ihrem Weg zum Gaumen die Luft mit zum Mund hinaus. Was ja auch nicht schlimm ist, der Zweck heiligt die Mittel ... Später sollten wir aber daran arbeiten, das zunächst nur mit der Wangenmuskulatur zu bewerkstelligen. Noch später arbeiten wir dann daran, die Wangen überhaupt nicht zu bewegen, und den Luftstrom nur mit einer Vorwärtsbewegung der Zunge aufrecht zu erhalten, eine Technik, die für schnelles percussives Spiel unabdingbar ist.
Irgendwer auf der
Didgeridoo-Mailingliste hat sich die Zirkularatmung so beigebracht:

Eine ganz nette "Trockenübung", auch zur Kontrolle der Lippen, wenn es darum geht, einen ersten Grundton zu produzieren, ist folgende:
Forme mit dem Daumen und dem Zeigefinger einer Hand einen Ring, so ähnlich wie dieses "taktische Zeichen", das, im Strassenverkehr benutzt, unweigerlich zu einer Anzeige wegen Beleidigung führt ;-). Lege diesen Ring an Deine Lippen, lass selbige locker flattern, und puste. Und zirkuliere. Sieht etwas dümmlich aus, aber was soll's ... ;-D

Tips und Tricks

Wenn Zirkularatmung nach dem, was ich oben geschrieben habe, auch ganz einfach aussieht - sie ist es nicht wirklich. Wenn Du es kapiert hast, wird es Dir einfach vorkommen, bis dahin allerdings ist es schwierig. Was Du auf jeden Fall brauchst, ist Geeeeduuuuuld ... Wenn's heute nicht klappt, tröte einfach ein wenig ohne ZA auf Deinem Rohr rum, und probier's morgen noch einmal.

Versuche nicht, beim Spielen das allerletzte Quentchen Luft aus Deinen Lungen zu drücken, dann nämlich kommst Du an einen Punkt, an dem Du atmen musst, aber von Deinem Spiel, Deinem Rhythmus her eigentlich nicht kannst. Das Ergebnis: Dein Rhythmus hat einen Knick (bestenfalls), oder der Ton reisst ab, und Du stehst da und japst nach Luft. Ohne Instrument. Sieht dumm aus.
Atme lieber öfter, baue die ZA in Deinen Rhythmus ein.

Versuche auch nicht, möglichst viel Luft in Deine Lungen zu pumpen bei einem Atemzug. Atme lieber öfter.

Benutze beim Einatmen nicht Deine Brustmuskulatur, sondern Dein Zwerchfell. So bekommst Du in der kurzen Zeit, die Dir zum Einatmen zur Verfügung steht, mehr Luft in Deine Lungen. Nein, das ist nicht konträr zu dem, was ich im letzten Absatz geschrieben habe ... ;-) Schau Dir auch an, was ich zum Thema Stütze abgelassen habe.

Irgendwann wirst Du die Erfahrung machen, dass Du zwar eigentlich einatmen musst, aber keine Luft in die Lungen bekommst. Was' das nu wieder? Folgendes ist passiert: Zum Didge-Spielen brauchst Du nicht viel Luft - überraschend wenig eigentlich. Du hast nun mehr Luft eingeatmet, als Du durchs Instrument abgegeben hast. Die Luft aber, die nun noch in Deinen Lungen ist, ist "verbraucht", sie enthält keinen Sauerstoff mehr, also musst Du atmen. Geht aber nicht, weil die Lungen ja voll sind. Die Lösung des Problems: Atme während eines Zirkularvorgangs nicht durch die Nase ein, sondern aus. Wenn Du einatmen kannst, kannst Du auch ausatmen; das allerdings braucht etwas Übung.

Was sonst noch geht

Andere Methoden, sich einen Luftvorrat anzulegen, sind:

Bodybuilding

Diese Übung hat zwar nicht direkt mit Zirkularatmung zu tun, aber irgendwie schon. Wichtig für einen Didgeridoo-Spieler ist eine gut ausgebildete und trainierte Muskulatur im Mund-, Wangen- und Zungenbereich. Zum Training besorgen wir uns eine Spezialsupersonderkraftmaschine: einen handelsüblichen Luftballon. Und den blasen wir nun auf, einfach indem wir die Wangen aufblasen, zusammendrücken, den Luftballon mit den Lippen (!) zuhalten, die Wangen aufblasen, zusammendrücken usw. Ej, nicht schummeln!!!! Nur die Wangen benutzen. Hierbei können wir auch die ZA üben. Wenn Du hinterher einen Muskelkater hast, war die Übung ziemlich notwendig ...

Die 25 Arten der Zirkularatmung

Vielleicht hat Dir irgendein Witzbold mal was über 25 Arten der Zirkularatmung erzählt; auf der mills-Liste wird so etwas gern mal kolportiert. Vielleicht hast Du auch mal Ali Andress getroffen, und der hat gesagt, "Ganz einfach - ich atme durch die Haut ...". Ali ist halt ein Scherzkeks, besonders wenn er das 25. Mal an einem Abend erklären soll, wie das mit der ZA funktinoiert ... Alles Quark, es gibt nur eine Art der Zirkularatmung: durch die Nase rein, und aus einem Reservoir im Mund raus. Alles andere sind Varianten - die drei gebräuchlichsten habe ich oben vorgestellt.


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